(hjv) Ein stolzes Jubiläum kündigt sich an. Im kommenden Jahr feiert unsere Fußballabteilung ihr hundertjähriges Bestehen. Hierzu erarbeitet derzeit der Abteilungsvorstand mit Michael Metzger an der Spitze ein umfangreiches Programm, das sich über das ganze Jahr erstrecken und alle Vereinsmitglieder, aber auch die Bevölkerung ansprechen soll.
Der Fußballsport kam aus Großbritannien und fand ab den 1880/90 er Jahren in Deutschland Zuspruch, insbesondere an den Universitäten und in bürgerlichen Kreisen. Denn Arbeiter verfügten weder über genügend Freizeit noch über finanzielle Mittel für die Ausrüstung. Erst durch die Sozialgesetzgebung der Weimarer Republik erreichte Fußball in den 1920 er Jahren auch die Arbeiterschichten und wurde somit zum Massenphänomen.
Eine gute Gelegenheit, einen Blick auf die Lebenssituation in Walldorf im August 1919 zu werfen. Der in seinen Auswirkungen furchtbare I. Weltkrieg war im November 1918 mit einer Revolution zu Ende gegangen. Die Monarchie war abgeschafft und durch eine Republik ersetzt worden. Bereits im Januar 1919 erfolgte die Wahl zur Nationalversammlung. Erstmals erhielten die Frauen das aktive und passive Wahlrecht und das Wahlalter wurde von 25 auf 20 Jahre herabgesetzt. Die Sozialdemokraten wurden mit 38 Prozent der Stimmen stärkste Kraft. In Walldorf erreichten sie sogar 61 Prozent der Stimmen. Die Gemeinderatswahlen bestätigten diesen Trend und Bürgermeister Lorenz Pons 7. wurde im Amt bestätigt. Die Walldorfer würdigten das Ereignis mit einem Fackelzug. Walldorf war damals ein kleiner, ländlich geprägter Ort mit 2.868 Einwohnern, wo jeder jeden kannte. Die Gasthäuser waren der gesellige Mittelpunkt des Gemeindelebens. Der Pfarrer beklagte von der Kanzel die Entfremdung von Kirche und Arbeiterschaft, weil insbesondere die jungen Leute dem sonntäglichen Gottesdienst fernblieben. Walldorf besaß bereits einen Bahnhof an der Riedbahn, die das Dorf mit Frankfurt verband. Dies ergab zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten. Ein weiterer Meilenstein in der innerörtlichen Entwicklung war die Elektrizität: der Strom kam ins Dorf und veränderte die Lebensweise der Bevölkerung. Allerdings gab es weder eine zentrale Wasserversorgung noch Abwasserbeseitigung oder Müllabfuhr.
Das Jahr 1919 brachte neuen Aufschwung in das örtliche Vereinsleben. Der 1888 gegründete „Turnverein Walldorf“ vereinigte sich mit den „Freien Turnern“ zum „Freien Turn- und Sportverein“. Das Frauenturnen wurde eingeführt, ein Spielmannszug gebildet und eine Fußballabteilung gegründet. Bevor das erste Fußballspiel ausgetragen werden konnte, waren viele helfende Hände gefragt. Das Spielfeld musste mit Muskelkraft hergerichtet werden. Die Tore bestanden damals aus zusammengebundenen Fichtenstangen. Fußballschuhe, Bälle und Trikots wurden in Heimarbeit hergestellt. Zu den Auswärtsspielen ging es per Fahrrad oder zu Fuß. Umkleideräume gab es nicht. Dennoch: mit viel Begeisterung und Elan wurde Fußball gespielt, und zwar erfolgreich in der höchsten Spielklasse des Bereichs Hessen-Nassau! Bis zum abrupten Ende durch das Verbot und die Auflösung des Arbeitersportvereins 1933 durch die Nazis. Das Vereinsvermögen wurde beschlagnahmt. Erst nach Ende des II. Weltkriegs im Jahre 1946 war es in Walldorf wieder möglich, Fußball zu spielen und dies bis heute mit allen Höhen und Tiefen, wie sie gerade im Fußballsport erlebbar sind! Aber darüber wird im Einzelnen noch berichtet.
Zum Schluss: Einen ganz besonderen Dank allen Verantwortlichen im Vorstand. den Aktiven und den Helfern sowie Sponsoren der Fußballabteilung für ihren langjährigen, großartigen Einsatz und herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum! Glückauf für die kommenden Jahre!